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Newspeak? Chat und e-Mail

von Martin Wyss

 

„Bis vor kurzem bedeutete einen Brief schreiben, adressieren und abschicken, eine bestimmte Beziehung zur Abwesenheit und damit zur Zeit zu haben.... Man akzeptierte die Intervalle, denn man sah die Notwendigkeit, sich zu schreiben, als etwas Vorübergehendes an: Eines Tages wprde man es lassen können, dann, wenn die Absenz der Präsenz weicht. Um diese vorübergehende Absenz auszufüllen und das Leiden daran zu mildern, schuf man eine neue Zeitlichkeit, eine briefliche... Diese Intervalle, von denen der traditionelle Brief lebte, sind von der Quasiaugenblicklichkeit der elektronischen Post ‚überschrieben’ worden, so wie eine Datei eine andere überschreibt.“
Offenkundig schwingt in dieser Aussage von Benoît Melançon (zitiert nach Lothar Baier, Keine Zeit!, 2000) das Bedauern über das verkürzte Intervall mit, das die e-Mail-Korrespondenz von der brieflichen unterscheidet. Ganz zu schweigen vom Chat, der die schriftliche Korrespondenz mit (quasi mündlicher) Echtzeit verknüpft.
Mit dem Bedauern gehen nicht selten auch Klagen einher, dass die Sprache im Zwischenfeld von Schriftlichkeit und Mündlichkeit allzu sehr vereinfacht werde, gleichsam verdumme - analog den Botschaften, die damit übermittelt werden. Doch verhält es sich so einfach?



Abstract



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